Quelle: Foto von micheile.com || visual stories auf Pexels https://www.pexels.com/de-de/foto/liebe-holzern-verheiratet-hangen-4403775/ (20. September 2020)

 

Klassischerweise treten bei einer Trauung zwei Menschen vor den Altar. Doch was ist, wenn dort plötzlich ein Mann und eine Puppe stehen? Oder eine Frau und der Eiffelturm? Klingt wie eine Filmszene? – Falsch! Objektophilie ist längst kein Geheimnis mehr. Im Jahr 2007 heiratete beispielsweise die US-Amerikanerin Erika Eiffel (ehem. La Brie) den Eiffelturm in Paris.

Doch was hat es mit der Objektliebe auf sich und kann man in Deutschland Gegenstände heiraten? Wir gehen dem Thema auf den Grund.

 

Objektophilie – Was ist das überhaupt?

Die Schwedin Eija-Riitta Eklöf rief die Begriffe „Objektophilie“ und „Objektsexualität“ erstmals ins Leben. Sie selbst ist objektophil und heiratete 1979 die Berliner Mauer. Seit dem Mauerfall im Jahr 1989 bezeichnet sie sich als Witwe, trägt allerdings immer noch den Namen ihrer großen Liebe als Ehenamen.

 

Immer mehr Frauen sind daraufhin mit ihrer objektophilen Liebe in die Öffentlichkeit getreten, geben Interviews und versuchen, ihre sexuelle Orientierung zu erläutern. Doch auch Männer – wie der Kasache Yuri Tolochko – können objektophil sein. Auf Erotikgeek wird über den Bodybuilder und seine ungewöhnliche Ehe mit einer Liebespuppe berichtet.

 

Da Objektophilie wissenschaftlich nicht weiter erforscht ist, kann man sich lediglich auf Aussagen und Erfahrungen von Betroffenen berufen. Bei der Objektsexualität geht es nicht nur um die sexuelle Anziehungskraft, sondern auch um eine emotionale Bindung zu gewissen Gegenständen. Das kann man sich genauso vorstellen, wie es bei Homo- oder Heterosexualität der Fall ist. Man sieht einen bestimmten Gegenstand, verliebt sich in ihn aufgrund seiner Ausstrahlung, Attraktivität oder seines „Charakters“ und geht schließlich eine feste Partnerschaft mit ihm ein.

 

Darüber hinaus ist festzustellen, dass Objektophilie in einem engen Zusammenhang mit Polygamie steht. So sind viele Objektophile nicht nur in einen, sondern durchaus zwei oder mehrere Objekte verliebt und führen zeitgleich eine Beziehung mit diesen Gegenständen.

 

Ist Objektliebe eine Störung?

Da Objektophilie wissenschaftlich bislang unerforscht ist, wird diese Neigung auch nicht als Störung definiert. Einige bezeichnen Objektsexualität als Fetisch, jedoch ist diese Liebesform stark von einem Fetischismus zu unterscheiden.

 

Es geht für Betroffene nicht bloß um die sexuelle Befriedigung, sondern darum, eine tatsächliche Beziehung und Partnerschaft mit dem Objekt zu führen. Im Vordergrund steht hauptsächlich der Austausch von Gedanken, Zärtlichkeiten und Liebe. Außerdem sollen auch Pansexuelle in der Lage sein, sich in einen Gegenstand zu verlieben. Eine psychische Krankheit ist Objektophilie nicht.

 

Wie kommt es zur Objektophilie?

Die zugrundeliegenden Ursachen von Objektophilie sind ebenso unerforscht wie die sexuelle Neigung selbst. Daher kann über die möglichen Auslöser nur gemutmaßt werden. Einige gehen davon aus, dass Objektliebe mit Dingen wie Angst vor menschlicher Nähe, sexuellem Missbrauch oder Entwicklungsstörungen zusammenhängt. Das muss allerdings nicht der Fall sein.

Grundsätzlich wünschen sich Objektophile, dass diese Neigung so behandelt wird, wie jede andere Sexualität auch, weshalb die Ursachenfindung ohnehin nicht von großer Bedeutung ist.

 

Wie funktioniert eine objektophile Partnerschaft?

Eine objektophile Partnerschaft funktioniert so, wie jede andere Liebesbeziehung auch. Oftmals können sich objektliebende Menschen keine Partnerschaft mit einem anderen Menschen vorstellen und sind ausschließlich auf Beziehungen mit Gegenständen aus. Ob der Betroffene nun mit einem Gebäude, einem Fahrzeug, einer Maschine oder einem kleinen Gegenstand wie einem Toaster liiert ist, spielt dabei keine Rolle.

 

Emotionen wie Liebe, tiefe Zuneigung, Verbundenheit, sexuelle Anziehung, Eifersucht und Liebeskummer stehen auch in dieser Art Beziehung an der Tagesordnung. Auch Untreue, Betrug und Beziehungskrisen können innerhalb dieser Partnerschaften stattfinden. Da Gegenstände jedoch nicht auf klassische Art und Weise mit ihrem menschlichen Partner kommunizieren können, soll vor allem eine innerliche, geradezu telepathische Kommunikation stattfinden.

 

Jedoch gestaltet sich eine Beziehung mit einem Bauwerk oder einer großen Maschine, wie einem Flugzeug, eher schwierig. Schließlich kann man dann nicht tagtäglich mit seiner großen Liebe zusammen sein. Viele Objektophile nehmen diese Hürden jedoch auf sich und besuchen ihren seelenlosen Partner, wann immer sie können – auch wenn sich dieser am anderen Ende der Welt befindet. Streicheleinheiten sowie ein intensiver Austausch dürfen dann selbstverständlich nicht fehlen.

 

Auch wenn sich nicht jeder diese Art von Beziehung vorstellen kann, ist sie dem Grunde nach gleichzusetzen mit einer Partnerschaft zwischen Menschen.

 

Welche Herausforderungen müssen objektophile Menschen im Alltag meistern?

Nicht nur, dass objektsexuelle Menschen häufig auf Unverständnis und fehlende Akzeptanz in ihrem Umfeld und in der Gesellschaft stoßen – oft ist die Neigung auch mit Selbstzweifeln und psychischen Problemen verbunden. Was in unserer Gesellschaft nicht als „normal“ angesehen wird, kann sich negativ auf das Selbstempfinden und den Selbstwert auswirken.

 

So haben Objektophile häufig mit folgenden Problemen zu kämpfen:

 

  • Depressionen
  • depressive Verstimmungen
  • Aggressionen
  • Psychosomatische Beschwerden wie chronische Magen-Darm-Probleme oder Kopfschmerzen
  • innere Unruhe
  • Unausgeglichenheit

 

Trotz der Freiheiten, die es im 21. Jahrhundert gibt, sind scheinbar außergewöhnliche Neigungen und Persönlichkeiten dennoch mit Stigmata belastet. Das kann unter anderem zu Problemen im sozialen Umfeld führen und unter Umständen eine komplette Abschottung und Verschließung verursachen. Ein Austausch mit Gleichgesinnten ist ebenfalls nicht einfach, da viele Objektsexuelle nicht den Mut haben, sich öffentlich zu ihrer Sexualität zu bekennen.

 

Darüber hinaus können auch die Liebesbeziehungen zu den Gegenständen selbst problematisch sein. Vor allem dann, wenn es sich um größere Gegenstände handelt, die in weiter Ferne liegen, stellt sich eine Aufrechterhaltung der Fernbeziehung als schwierig dar. Eine fehlende Kommunikation zum Objekt der Begierde kann ebenfalls eine Herausforderung für die Betroffenen sein.

 

Kann man in Deutschland einen Gegenstand heiraten?

Wie in jeder Partnerschaft, haben auch Objektophile irgendwann einmal den Wunsch, ihren geliebten Gegenstand zu heiraten. Die aktuelle Rechtslage in Deutschland verhindert eine rechtlich anerkannte Ehe zwischen Mensch und leblosem Objekt jedoch.

 

In § 1353 Absatz 1, Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) heißt es: „Die Ehe wird von zwei Personen verschiedenen oder gleichen Geschlechts auf Lebenszeit geschlossen.“ Das bedeutet, dass eine Ehe nur zwischen zwei Personen geschlossen werden kann. Ein Gegenstand kann vor dem Standesbeamten nicht ausdrücklich „Ja!“ sagen und verfügt über keinen eigenen Willen. Auch eine Namensänderung ist hierzulande diesbezüglich nicht möglich. In den USA hingegen wäre eine Änderung des Nachnamens als „gemeinsamer Ehename“ möglich. Im Jahr 2007 gab zum Beispiel Die Amerikanerin Erika LaBrie dem Eiffelturm das Ja-Wort und heißt seitdem Erika Eiffel.

 

Freie Trauung mit einem Gegenstand

Die einzige Möglichkeit, die Liebe zwischen beiden Parteien zu besiegeln, ist eine freie Trauung. Diese ist zwar nicht rechtlich relevant, dennoch kann sie für einen objektliebenden Menschen ein großer und bedeutsamer Schritt sein.

 

Wer eine Hochzeit mit einem Gegenstand plant, kann die freie Trauung nach denselben Wünschen und Maßstäben gestalten, wie es bei einer üblichen Eheschließung zwischen zwei Personen der Fall ist – mit Einladungen, Catering, Hochzeitsgästen, Brautkleid oder Anzug. Schließlich kann der Gesetzgeber zwar eine rechtmäßige Eheschließung verbieten, jedoch nicht ein freies Fest der Liebe.

 

 

 

 

Quellen:

https://www.gesetze-im-internet.de/bgb/__1353.html

https://www.spiegel.de/panorama/gesellschaft/objektsexualitaet-fotos-warum-menschen-gegenstaende-lieben-a-1099320.html

https://www.gesund.at/psyche/objektsexualitaet-liebe-gegenstaende/

https://www.fr.de/ratgeber/gesundheit/einer-beziehung-eiffelturm-11245089.html